(dintrab-press) Die schon vor Jahrzehnten zur „Kult-Veranstaltung“ gewordene Silvester-Matinée auf der Trabrennbahn Dinslaken sprengte als letzter Renntag in der fast 75-jährigen Geschichte des Trabrennsports in Dinslaken alles, was selbst kühnste Optimisten prognostiziert hatten. Eine aus den Nähten platzende Bahn am Bärenkamp mit spektakulären Entscheidungen und einem seit Jahren nicht mehr erlebten Wettumsatz von 190.000 Euro machten an diesem historischen Tag erneut deutlich, welche fehlerhaften politischen Entscheidungen getroffen wurden, als man das unumstößliche „Aus“ dieser Freizeitstätte ohne derzeit zwingende Not verordnet hatte. Den Zuschauern wurden mit Video-Einspielen und Interviews mit langjährigen Aktiven viele Erinnerungsmomente geboten, und kein Wort fiel rund um die neun Rennen so oft wie ein aus tiefem Herzen kommendes „schade“.
Niederländische Gäste dominieren
Wie so oft startete der Renntag mit einer Dominanz der über Jahrzehnte treue Gäste gewesenen Trainer und Fahrer aus den Niederlanden. War Tom Kooyman, in der Vergangenheit über 400-facher Sieger am Bärenkamp, zu Beginn mit Parodie Vrijthout vom ersten bis zum letzten Meter überlegen, musste Rob de Vlieger anschließend schon erheblich mehr tun, um mit Money Maker BR den Widerstand der lange alle Angriffe abwehrenden Ilyn Polly zu brechen. Richtig „zur Sache“ ging es aber im ersten Amateurfahren, in dem Seriensieger Jack (Yannick Mollema) seine ganze Klasse aufbieten musste, um sich nach langem Dreikampf um das Kommando endlich durchsetzen und die Führung bis ins Ziel verteidigen zu können. Andernfalls hätte es in der mit über 25.000 Euro Jackpot ausgestatteten und noch einmal mehr als 50.000 Euro frischen Umsatz generierenden V6-Wette einen Großteil der Mitspieler schon erwischt.
Große und kleine Überraschungen
Ivy Fortuna und Niels van der Tol sorgten danach für ein erstes „Durchlüften“ unter den V6-Wettern, denn die auf der Schlussrunde offensiv eingesetzte Stute, die in der Siegwette fast zehnfaches Geld bezahlte, hatten die meisten nicht auf dem Schein. Genauso war es im Hauptrennen, das die Hamburger Gaststute Waikiki Fortuna (Jani Rosenberg) zu fast derselben Quote mit tollem Speed für sich entschied. Auch die Prüfung der besten Tagesklasse fand mit Versace Diamant und Amateur-Vizechampion Tom Karten einen Sieger, der erst auf den letzten 500 Metern ins Geschehen eingriff und sogar den Top-Profis zeigte, wie es geht. Das letzte Amateurfahren der Dinslakener Renngeschichte sicherte sich Willem Zijlstra mit Madoc Worthy in einer turbulenten Schlussphase sogar erst kurz vor dem Ziel, bevor das finale Trabreiten nicht ganz erwartet an den gut aufgelegten Alterspräsidenten Doc Holiday ging, den der höher eingeschätzte Great Gatsby As trotz aller Bemühungen nicht zu fassen bekam. Reiterin Marlene Matzky aus Berlin absolvierte somit gleichzeitig ihren ersten und letzten Start in Dinslaken, und das als Siegerin. In der V6-Wette, die mit dem Erfolg eines Top-Favoriten begann, gab es nach den anschließenden Überraschungen für 20 Cent Grundeinsatz eine großartige Auszahlung von 8.365,92 Euro.
Die letzte Samstagabend-Show
Zum letzten Rennen hatten sich nahezu alle Besucher von den Tribünen an die Rails begeben und sorgten noch einmal für eine Kulisse und Stimmung, wie sie am Eröffnungstag 1954 nicht großartiger gewesen sein konnte. Den Schlussstrich unter die Dinslakener Renngeschichte und einen extrem emotionalen Abschiedsrenntag, der manch einem Traberfreund sogar zu Hause am PC-Stream die Tränen in die Augen getrieben hat, zog in einem dramatischen Fotofinish zwischen vier Pferden Ingrid van den Akker, die mit Esperanzo Dipo Tf ausgerechnet an einem Samstagabend das hatte, was schon Ende der 1980er-Jahre Frank Elstner mit seiner von der Trabrennbahn Dinslaken aus gesendeten ZDF-Fernsehshow als Motto ausgegeben hatte: „Nase vorn“. Mehr Drehbuch hätte nicht gehen können.